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  • AutorenbildJulia Gauly

About Instagram

Bist du dir sicher, dass du dir wieder einen Account auf Instagram machen willst?

Also ich glaube, dass wird dir nicht gut tun - da vergleichst du dich wieder nur zu sehr.


Als im Januar 2018 mein Klinikaufenthalt begonnen hatte, löschte ich meinen Instagram Account. Ich wollte Abstand zu den Posts, die ich gemacht hatte, auf denen zu sehen sein sollte, wie dünn, abgemagert und unglücklich ich war. Ich wollte aber auch Abstand zu den ganzen anderen Profilen schaffen, auf denen andere Frauen genau das selbe taten - ihre Körper zur Schau stellen. Ich wollte mich nicht mehr damit vergleichen müssen. Ich wollte nicht mehr wissen, wie viel Sport andere trieben, wie gesund ihr tolles neues Rezept doch war oder wie wenig sie am Tag doch nur gegessen hatten. Es tat gut eine Zeit lang das alles zur Seite schieben zu können und mich voll auf die Therapie konzentrieren zu können. Ich beschäftigte mich viel mehr mit mir alleine, ohne mich ununterbrochen mit anderen zu vergleichen.


Zum Ende meines Aufenthaltes wollte ich dann doch wieder teilhaben und legte mir einen neuen Account auf Instagram an. Den alten Account löschte ich. Es fiel mir an sich leicht, dennoch screenshotete ich einige der Bilder als negativ Beispiel, um mich immer daran zu erinnern, nie wieder dort hin zu wollen. Ich war mir schon unsicher, ob mir Instagram wirklich gut tun würde oder ob es mich doch in irgendeiner Art, sei es negativ oder positiv, beeinflussen würde. Dennoch wollte ich einfach wieder am Leben meiner Freunde teilhaben, sehen was sie so posten, und auch mein neues Ich mit ihnen teilen. Wieder Selbstbewusstsein erlangen und zeigen, wie ich mich mit meinem neuen Ich fühlte. Also ließ ich es drauf ankommen und startete mit dem neuen Account.


Natürlich merkte ich schnell, dass somit auch das Vergleichen wieder anfing. Es passiert einfach ganz automatisch. Egal ob auf sozialen Netzwerken oder in der Realität. Das Vergleichen lässt sich nicht einfach ausschalten - aber durch Instagram bietet sich eben eine um ein vielfaches größerer Fläche und Brandbreite an Vergleichsobjekten. Du vergleichst dich nicht nur bloß mit den Mädels in deinem Fitnessstudio, deinen Kolleginnen auf der Arbeit oder den Mädels in deiner Uni - nein, du kannst dich mit jeder beliebigen Person auf der ganzen Welt vergleichen. Egal ob es Victoria Secret Models, Fitnesstrainerinnen, Schauspieler oder irgendwelche Bloggerinnnen sind. Es können Menschen jeder Herkunft sein, die Schönheitsoperationen hinter sich haben, eigene Stylingberater haben oder exzessiv mit Photoshop arbeiten. Du weißt es nicht. Und mit all diesen Menschen kannst du dich jetzt vergleichen und ein Fazit daraus ziehen. Willst du das? Will das irgendwer?


Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Ich hatte gerade erst angefangen mir ein neues, gesundes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl aufzubauen - sollte ich das gleich durch Instagram auf die Probe stellen? Ich tastete mich langsam an das ganze Thema ran, denn ich wollte schon gerne einen Account haben, um mit anderen zu kommunizieren und auch einfach "dabei" zu sein. Zu Beginn mied ich die Seite, in der App, auf welcher man Vorschläge angezeigt bekommt - den Entdecker Feed. Ich wollte keine wunderschönen Models angezeigt bekommen, mit denen ich mich direkt verglichen hätte. Ich addete nur Leute die ich kannte und verfolgte, was sie so trieben. Irgendwann postete ich auch wieder eigene Bilder und Storys - ich war so nervös am Anfang. Aber ich bekam richtig positives Feedback. Mein neues, gesundes Ich, das noch dabei war, sich so zu akzeptieren, bekam ganz viele Komplimente und nette Worte. Und ich muss sagen, dass bestärkte mich extrem. Es baute mich auf und ermutigte mich weiter zu machen.


Natürlich sorgte Instagram im Laufe der letzten zwei Jahre nicht nur für ein solch positives Gefühl. Wenn ich heute etwas poste, merke ich immer noch, dass ich damit irgendwie auf Bestätigung hoffe. Auf positives Feedback, auf Worte, die mich aufbauen. Aber natürlich bleibt das auch oftmals aus. Nicht jeder Beitrag interessiert andere, bewegt andere oder regt andere an zu kommentieren. Zuerst viel mir das schwer und ab und zu merkte ich, wie das dann meine Stimmung negativ beeinflusste. Ich habe nicht nur einmal darüber nachgedacht, mich wieder zurück zu ziehen und den Account wieder zu löschen. Aber ich wollte mich auch nicht unterkriegen lassen.


Seit ich aus der Klinik entlassen wurde mache ich einen ambulante Therapie. Und dort gehe ich immer noch mindestens 2 mal im Monat hin. Ich arbeite immer noch täglich an einem gesunden Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Ich denke nicht, dass Instagram mich hierbei wirklich unterstützt, aber irgendwie macht es mich trotzdem stärker. Ich merke, wie ich immer mehr unabhängig davon werde, wie viele Likes ein Bild hat, wie viele Reaktionen es zu meiner Story gab oder welche Kommentare unter einem Bild von mir stehen. Immer mehr habe ich die Einstellung, dass ich das poste, auf was ich Lust habe und was ich gerne von mir zeige. Natürlich freue ich mich immer noch über positives Feedback, das ist ja ganz klar. Aber negative Kritik oder ausbleibendes Feedback bringen mich auch nicht mehr zum Zweifeln.


Hinsichtlich den Essstörungsgedanken und Instagram: Natürlich geben viele Promis, Blogger und andere Berühmtheiten auf Instagram einen kompletten Einblick in ihr Leben bezüglich, wie viel Sport sie machen und was sie genau essen. Teilweise entfolge ich solchen Profilen, wenn ich merke, dass es nicht gesund ist, was sie tun und es mich beschäftigt. Teilweise nehme ich es einfach zur Kenntnis und mache mir bewusst, dass ich nie wieder so ein Leben führen möchte.


Im Endeffekt denke ich, dass Instagram Selbstdarstellung ist. In Instagram sieht man sich keine anderen Menschen an, sondern Profile von Menschen. Mit PROFILEN kann man sich nicht vergleichen, weil es keine realen Menschen sind, sondern reine Darstellungen von Menschen. Ich versuche wirklich einfach immer eine Trennung herzustellen und ein Profil nicht als einen Menschen zu sehen. Zum Beispiel das Profil von Pamela Reif. Sie postet sehr viel Content darüber, wie viel Sport sie macht und wie verhältnismäßig wenig sie isst. Bei ihr steht Fitness immer im Vordergrund und alles muss ganz gesund sein was sie isst. Aber was steckt hinter dem Profil? Ist sie happy damit? Welche Gedanken hat sie? Ist sie vielleicht in Zwangsmustern gefangen? Das weiß man nicht, wenn man sich nur das Profil anschaut.


Diese Technik hilft mir sehr dabei auf Instagram aktiv zu sein und damit umzugehen. Ich schaffe es dadurch, mich viel weniger zu vergleichen und auch im echten Leben viel mehr auf den Menschen, als auf das Profil zu schauen. Dennoch glaube ich, dass wenn man noch nicht bereit ist und das Selbstbewusstsein noch nicht ausreichend aufgebaut ist, Instagram durchaus eine Gefahr darstellen kann - man sollte wirklich einschätzen können, wie weit man damit ist, bevor man sich einen Account anlegt. Außerdem finde ich, es wäre nicht verkehrt, wenn es für Instagram eine Altersbeschränkung gäbe.

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